Fünf Dinge, die ihr bei der Planung einer Wanderausstellung beachten solltet

Oikoplus
5 min readSep 1, 2020

Im Frühjahr 2018 haben wir bei Oikoplus wir für das INTERREG Projekt DANUrB eine Wanderausstellung organisiert. Ziel der Ausstellung war es, wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Projekt einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Inhaltlich beschäftigte sich DANUrB mit der Aufwertung von materiellen und immateriellen Kulturgütern in Kleinstädten entlang der Donau und dem Verbinden eben dieser durch eine gemeinsame Erzählung, gemeinsame Festivals und eine gemeinsame Plattform zum Wissensaustausch. Die Projektergebnisse lagen in Form von Kartenmaterial, Designentwürfen und wissenschaftlichen Texten vor. Vorgabe für die Ausstellung war, dass diese öffentlich zugänglich sein sollte, die Donau entlangwander und an mindestens zehn verschiedenen Orten in sieben Staaten (Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien) gezeigt werden sollte.

1) Die Zeit ist Dein Feind!

Ausstellungen brauchen Zeit — viel Zeit. Etwa ein Jahr vor Beginn der Ausstellungsperiode begannen wir mit der Konzeption der Ausstellung; vier Monate vor Ausstellungsbeginn mit der Umsetzung und Organisation mit Schwerpunkt auf Logistik und Eröffnungsfeiern. Trotz dieses großzügigen Fahrplans, führten Verzögerungen bei der Auslieferung zentraler Bauteile dazu, dass wir eine von drei Eröffnungen im ersten Ausstellungsmonat kurzfristig absagen mussten. Unser Fazit: zwischen Fertigstellung einer Ausstellung und Ausstellungseröffnung sollten mindestens vier Wochen liegen. So habt ihr aber genug Zeit, um auf Materialschwächen oder Fehldrucke, die erst bei einem ersten Testlauf sichtbar werden, zu reagieren. Macht jedenfalls einen Testlauf für den Aufbau eurer Ausstellung!

2) Setze auf das richtige Baumaterial! Holz gewinnt!

Da wir zehn bis 15 Ausstellungsorte anstrebten, setzten wir auf den Bau dreier fast identischer Ausstellungssets aus Holz. Zwar konnte die Ausstellung somit nicht im Freien aufgebaut werden— für öffentliche Räume wie Museen, Ämter und Schulen war das aber sehr funktional. Damit Projektpartner die Ausstellung selbständig aufbauen konnten, arbeiteten wir mit einem “IKEA-Prinzip”: Einzelteile wurde nummeriert geliefert und ein Handout erklärte, wie die Ausstellung zusammengebaut wird. Die Zeiten für den Aufbau variierten stark — von zwei Stunden bis zu einem ganzen Tag wurde uns von den lokalen Partnern berichtet. Aufgrund des mehrfachen Auf- und Abbaus der Ausstellungen kam es zu kleineren Materialschäden. Problematisch waren diese aber nur dann, wenn unsere Ausstellungspartner nicht (wie von uns vorgeschlagen) bei Entgegennehmen der Lieferungen, sondern erst am Tag des Aufbaus die Ausstellung auf mögliche Schäden überprüften. Wenn auch mit erheblichem Stress in einem von 13 Fällen, konnte die Ausstellung in allen Fällen wieder fit gemacht werden. Holz hat sich in dieser Hinsicht bewährt — auch weil Handwerk in der Donauregion große Tradition hat.

3) Schaffe Interaktion und Anschauungsmaterial!

Für einige Orte war unsere Ausstellung etwas zu umfassend; zu klein war die Ausstellung eigentlich nie. Umgesetzt haben wir eine Ausstellung mit vier freistehenden Modulen auf 25–30 Quadratmetern. Nicht immer war es einfach, einen passenden Raum für die Ausstellung zu finden. In allen Ausstellungen wurde deutlich, dass Bild- und Kartenmaterial am meisten Aufmerksamkeit erhalten. Ton und Text wurden deutlich weniger gut angenommen. Weil vor allem die Konstruktion und Handhabe von Ton bei autonomer Stromversorgung herausfordernd ist, würden wir bei einem Folgeprojekt wohl darauf verzichten. Besonders gut wurde im Übrigen ein Tisch angenommen, auf den eine große Karte des Donauraums gedruckt war, auf der Besucher ihre Wünsche in faltbaren Papierschiffchen auf die Reise schicken konnten. Alleine dieser Tisch hat zahlreiche Interaktionen der Besucher mit der Ausstellung hervorgerufen.

4) Gehe sensibel mit politischen Ausstellungsstücken um!

Eigentlich hätten wir schon viel eher daran denken müssen. Aber keiner von uns war auf die Idee gekommen, dass in Serbien Kartenmaterial verwendet wird, dass nicht den offiziellen Karten der europäischen Union entspricht. Konkret wird der Kosovo als Teil Serbiens und nicht als autonomes Gebiet dargestellt. Als unsere serbischen Kollegen die Ausstellung erstmals zu Gesicht bekamen, waren sie schockiert — und wir auch. Zähe Verhandlungen und kurzfristige Adaptionen des Kartenmaterials waren die Folge. Nicht nur Kartenmaterial, sondern auch Texte und frei erzählte Anekdoten können entsprechende Reaktionen hervorrufen. Das ist zwar spannend; stellt aber jede Wanderausstellung auf die Prüfung. Weil die Ausstellung bei der Ausfuhr aus Serbien aber im Zoll hängen blieb, waren Ausbesserungen nicht länger von Belang. Trotz zahlreichen Abänderungen bei Inhalt und Reiseplan, mussten wir eine Ausstellung im kroatisch-serbischen Grenzgebiet absagen.

5) Verlass Dich nicht auf Übersetzer; und auch nicht auf jene die Übersetzungen kritisieren!

Eines der künstlerischen Highlights der DANUrB Ausstellung war das expressionistische Gedicht einer Kollegin. Sprachgewaltig hatte sie das Projekt, den Auftrag des Projekts und auch die Stimmung im Projekt bei allen Partnertreffen in den Kleinstädten der Donau festgehalten und zu Papier gebracht. Original in Rumänisch verfasst suchten wir nach professionellen Übersetzer*innen für das Gedicht. Trotz unserer Bemühungen waren sowohl bulgarische als auch serbische Übersetzungen fehlerhaft. Kritisiert wurde in mehreren Fällen auch die Sprache des Gedichtes. So könne nicht davon gesprochen werden, dass „Wissenschaft vergewaltigt werde…“, erklärte mir einer der Projektpartner kopfschüttelnd. Als ich darauf antwortete, dass aber laut Aussage der Übersetzerin genau das die Sprachwahl der Dichterin gewesen sei und auch im Deutschen und Englischen mit eben diesen Worten übersetzt worden sei, wurde deutlich, dass das Bewusstsein für unterschiedliche Literaturtraditionen subjektiv einzuschätzen ist. Gemeinsam mit dem Organisationsteam haben wir irrsinnig viel gelernt. Unser Ziel, die Ausstellungen an mehr als zehn Orten zu zeigen haben wir übertroffen. Zwei Ausstellungen haben den stetigen Auf- und Abbau überlebt und wurden erst Monate nach dem eigentlichem Projektende abgebaut und eingelagert. Eine der Ausstellungen dürfte noch immer beim Zoll sein.

Text und Bilder: Michael Anranter

--

--

Oikoplus

Vienna (AT) based. Research | Communication | Participation. www.oikoplus.com